Aserbaidschan: Aufstieg zur Regionalmacht – Wie Baku die Energiepolitik und das Machtgefüge im Kaukasus verändert
Aserbaidschan: Vom Energielieferanten zur prägenden Regionalmacht
Vor kurzem hatte die Berliner Zeitung die Möglichkeit, im Südkaukasus zu berichten – begleitet von einer Gruppe deutscher Journalist*innen. Die Atmosphäre in Armenien, oft als die „letzte Demokratie“ der Region bezeichnet, war von tiefer Betroffenheit geprägt. Der Konflikt um Berg-Karabach und seine Folgen haben die politische Landschaft grundlegend verändert und Aserbaidschan in eine neue Rolle katapultiert.
Energiepolitik als Machtinstrument
Aserbaidschan, reich an Öl- und Gasvorkommen, hat in den letzten Jahrzehnten einen bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Diese Energiequellen sind nicht nur die Grundlage des nationalen Wohlstands, sondern auch ein wichtiges Instrument der Außenpolitik. Baku nutzt seine Rolle als Energielieferant, um seine Interessen in der Region durchzusetzen und Beziehungen zu europäischen Ländern auszubauen. Die Diversifizierung der Energieexporte, beispielsweise durch die Südpipeline, hat Aserbaidschan zudem unabhängiger von transitierenden Staaten gemacht und seine strategische Bedeutung erhöht.
Militärische Stärke und territoriale Ansprüche
Der Sieg Aserbaidschans im Krieg um Berg-Karabach im Herbst 2020 war ein Wendepunkt. Er demonstrierte die gestiegene militärische Stärke des Landes und festigte seine Kontrolle über umstrittene Gebiete. Dieser Erfolg hat das Selbstbewusstsein der aserbaidschanischen Führung gestärkt und zu neuen territorialen Ansprüchen geführt. Die Präsenz aserbaidschanischer Truppen in Berg-Karabach und die Blockade des sogenannten Lachin-Korridors haben die humanitäre Situation für die armenische Bevölkerung dort dramatisch verschärft und zu internationaler Besorgnis geführt.
Politische und diplomatische Strategien
Aserbaidschan verfolgt eine aktive Außenpolitik, die auf die Stärkung seiner regionalen Rolle abzielt. Die Zusammenarbeit mit der Türkei, einem wichtigen Verbündeten, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Beide Länder koordinieren ihre militärischen und politischen Strategien und unterstützen sich gegenseitig in internationalen Foren. Baku versucht zudem, Beziehungen zu anderen Ländern in der Region zu verbessern, einschließlich Russlands, um seine Position zu festigen.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Trotz seines Aufstiegs steht Aserbaidschan vor zahlreichen Herausforderungen. Die Spannungen mit Armenien bleiben hoch, und die Situation in Berg-Karabach ist weiterhin angespannt. Die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards wird von vielen Beobachtern kritisiert. Zudem ist Aserbaidschan auf seine Energieexporte angewiesen, was das Land anfällig für Schwankungen der Weltmarktpreise macht.
Dennoch scheint Aserbaidschan seinen Aufstieg zur Regionalmacht fortzusetzen. Die Investitionen in die Modernisierung des Militärs, die Diversifizierung der Wirtschaft und die aktive Außenpolitik werden das Land auch in Zukunft prägen. Ob Aserbaidschan seine neue Rolle im Kaukasus friedlich gestalten kann, hängt jedoch von seiner Fähigkeit ab, die Spannungen mit seinen Nachbarn zu entschärfen und die Menschenrechte zu respektieren.